Rechtsanwälte Gäbler & Heuser

 

Familienrecht

Ablehnung eines Richters: Befangenheitsbesorgnis muss sofort angesprochen werden

Ein Befangenheitsantrag hat Erfolg, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn objektiv nachvollziehbar ist, dass der Ablehnende beim Richter eine Haltung wahrnimmt, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden als Ablehnungsgrund ebenso aus wie geäußerte Rechtsauffassungen des Richters. In einer Familiensache, die dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) vorgelegt wurde, hatte einer Partei die Verfahrensführung des Richters nicht gefallen.

Das begann damit, dass der Richter ihre Schriftstücke nicht in der Verhandlung annehmen wollte, weil die Partei anwaltlich vertreten war und Anwälte diese zwingend elektronisch (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) einreichen müssen. Es mündete darin, dass der Richter gar Hinweise erteilt habe, wie er die Erfolgsaussichten einschätze, die der Prozesspartei voreingenommen erschienen. Nach dem Verhandlungstermin reichte sie daher schriftlich einen Befangenheitsantrag ein.

Dieser Antrag wurde vom OLG jedoch als unzulässig verworfen. Denn gemäß § 43 der Zivilprozessordnung kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, sobald sie sich bei ihm in eine Verhandlung eingelassen hat, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen. Das Ablehnungsgesuch hätte daher spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben werden müssen, statt mit dem Richter über seine erteilten Hinweise rechtlich zu diskutieren. Im Interesse der Klarheit über die Besetzung der Richterbank und der Prozessökonomie wird somit verhindert, dass das Ablehnungsrecht zur Prozesstaktik eingesetzt wird. Der Partei soll damit die Möglichkeit genommen werden, einen Rechtsstreit willkürlich zu verzögern und bereits geleistete prozessuale Arbeit nutzlos zu machen.

Hinweis: Befangenheitsanträge scheitern meist daran, dass das gerügte Verhalten des Richters zu dem gehört, was in der Rechtsmittelinstanz geprüft wird, wenn gegen die Endentscheidung Beschwerde eingelegt wird. Ein Befangenheitsantrag ist nicht dafür gedacht, diese Überprüfung der Rechtsanwendung vorzuverlagern.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.02.2023 - 18 UFH 1/23
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